Liebe Expertinnen und Experten,
ich bin 26 Jahre alt und schreibe Ihnen, da ich in Bezug auf meine bisherige Diagnose der "undifferenzierten Kollagenose" nicht mehr weiter weiß. Es wäre sehr nett, wenn Sie mir hierzu vielleicht aus Ihrer Expertensicht eine Einschätzung geben könnten. Schon jetzt bedanke ich mich ganz herzlich für Ihre Hilfe und die Bemühungen, die dieses tolle Forum hier ermöglichen.
Vielleicht vorab zur Situation: Bis auf erhöhte ANA-Titer (meist 1:320) und ein leicht erniedrigtes C3/C4 Komplement sowie einmalig aufgetretene erhöhte DsDNA-Antikörper sind meine Blutwerte (soweit) unauffällig,. An Symptomen "bemerke ich seit 3 Jahren eine Entzündung des Interphalangealgelenks (Fuß), immer wiederkehrende nächtliche Rückenschmerzen mit Morgensteifigkeit (trotz negativem HLAB27), starke Schmerzen in der linken Hüfte sowie das klassische Schmetterlingserythem. Zudem habe ich starken Haarausfall. In einer MRT wurde eine unklare Entzündung der Iliosakralgelenke sowie der Hüfte mit V.a Spondylarthritis mit peripherer Beteiligung festgestellt. Von Seiten des Rheumazentrums wurde mir mitgeteilt, dass diese nicht stark genug ausgeprägt seien und man nur die Kollagenose behandle. Jedoch bemerke ich, dass die Schmerzen an Hüfte und ISG immer intensiver werden, habe dies dem Rheumazentrum mitgeteilt und um Behandlung dieser gebeten. Dies blieb leider ohne Erfolg und es wird bisher nur die Kollagenose behandel, obwohl es mir immer schlechter geht.
Zusätzlich schwebt der Verdacht einer entzündlichen Lungenmitbeteiligung im Raum, die nach einem CT einer Lungenambulanz festgestellt wurde. Hier wurde zusätzlich ein zentrilobuläres Emphysem mit Milchglas-Element festgestellt, das auf ein therapieresistentes Asthma-Bronchiale zurückgeht. Leider findet keinerlei Kooperation der Abteilungen, die dies jeweils festgestellt haben, statt. Dies ist als Patientin keine leichte Situation und ich stehe nun mehr oder weniger alleine vor der Entscheidung, eine mir empfohlene Bronchioskopie durchführen zu lassen.
Medikation: Azathioprin 75 mg, sehr gute Wirkung auf Interphalangealgelenk, jedoch keinerlei Wirkung auf die Entzündung der Hüfte und die Entzündung der Iliosakralgelenke. Aktuell werde ich alle 6 Monate zum Rheumatologen einbestellt, Urinuntersuchungen werden nicht durchgeführt. Starke Schmerzen begleiten meinen Alltag. Mein Hausarzt war über die langen Intervalle sehr verwundert. Insgesamt bin ich sehr auf mich allein gestellt und fühle mich rheumatologisch leider sehr allein gelassen.
Entschuldigen Sie vielmals die vielen Fragen, ich danke Ihnen von Herzen für Ihre Mühe!
Meine Fragen sind die Folgenden:
1. In welchem Maße ist das Risiko für lymphoproliferative oder andere maligne Erkrankungen eines jungen Menschen unter der Azathioprin-Einnahme erhöht? Gibt es hierzu belastbare empirische Daten, Studien? Ist das Risko für maligne Erkrankungen respektive die Mutagenität reversibel, wenn man beispielsweise Azathioprin wieder absetzen würde? Oder ist das Lebenszeit-Risiko mit der ersten Einnahme einer Azathioprin-Tablette faktisch erhöht?
2. Ist es möglich, dass man an einer Kollagenose und Spondylarthritis gleichzeitig erkrankt ist? Sprich dass die Hüft- und ISG-Entzündung von einer Spondylarthritis mit peripherer Beteiligung und die Entzündung des Interphalangealgelenks auf eine Kollagenose rekurriert? Welche weiteren Diagnostikmöglichkeiten hätte man, um die Diagnose "undifferenzierte Kollagenose" konkreter werden zu lassen und "dem Kind einen Namen zu geben"?
3. Welche Untersuchungsabstände sind als Kontrollintervalle bei einer Kollagenose "üblich"? Und werden Urinuntersuchungen standardmäßig durchgeführt? Wie häufig tritt eine Lungenbeteiligung bei einer undifferenzierten Kollagenose auf?
--> Wäre eine Behandlung in einem großen Zentrum, in dem Lungen- und Rheumaabteilung zusammenarbeiten wichtig?
4. Im Rahmen einer MRT wurde bei mir als Zufallsbefund eine Mastoiditis mit multiplen zervikalen Lymphknoten festgestellt, die klinisch aber keine Probleme verursacht. Weder Infekt, noch Ohrenschmerzen, HNO-ärztlich alles unauffällig etc. Ich frage mich nun: Darf man Azathioprin unter diesem Umstand weiterhin einnehmen?
5. Da bei mir noch ein Kinderwunsch besteht, bezieht sich die letzte Frage auf durchgeführte Röntgenuntersuchungen : Leider wurde bei mir im Zuge der Diagnosefindung 2x eine Röntgenuntersuchung des Beckens im Abstand von 6 Monaten, 1x Low Dose CT der Lunge und 1x eine Aufnahme der Hüfte in 2 Ebenen d.h. 2 Hüftaufnahmen durchgeführt. Und als junge Frau, bei der noch ein Kinderwunsch besteht, macht man sich natürlich seine Gedanken. Wie ist das Risiko für maligne Erkrankungen im Zuge der erhöhten Strahlenbelastung (insbesonder 2x Becken-Röntgen sowie Lungen-CT low dose) bei Frauen einzuschätzen? Gibt es hierzu Daten? Oder inwiefern ist die Situation möglicherweise weniger problematisch als von mir angenommen?
6. Inwiefern ist ein zentrilobuläres Emphysem mit V.a. entzündliche Mitbeteiligung der Lunge langfristig als problematisch einzustufen? Kann dies langfristig zu einem Schaden der Lunge führen, wenn die Ursache nicht bekannt / behandelbar ist?
7. Sollte Azathioprin bei „normalen“ Erkältungen (Halsschmerzen, Husten aber kein Fieber) immer abgesetzt werden? Kann Azathioprin auch Herzrrhythmusstörungen verursachen? (Seitdem ich Azathioprin einnehme, verspüre ich sehr deutliches „Herzrasen“ und „Herzstolpern“)
Einen ganz herzlichen Dank für Ihr Engagement und herzliche Grüße
Bettina M.